• Letzte Aktualisierung: 16.08.2012

  • Besucher bisher: kostenloser counter


timediver® Logo


MITHRAS-RELIGION


1. Herkunft & Begriff


Der Gott Mithra ist persischen Ursprungs. Er wurde schon vor dem Auftreten Zarathustras (Prophet des Zoroastrismus) verehrt, sollte aber dann für Jahrhunderte durch die Zarathustra-Lehre verdrängt werden. Der altpersische Begriff  'Mithra' bedeutet „Vertrag“, daher ist er Schützer des Vertragsrechtes und der „Weitschauende, der immer Wachende“, der jedes Unrecht sieht.

2. Verbreitung


Die als 'Mithraskult' oder 'Mithraismus' bezeichnete Mysterienreligion entstand  um die Zeitenwende und wurde erstmals von Publius Papinius Statius (um 40 - 96) erwähnt. Im römischen Imperium verbreitete sich der Kult mit der gleichen ungeheurer Geschwindigkeit wie später das Christentum. Die Begleiter des 'Mithras' sind Cautes und Cautopates, die den Tag und die Nacht symbolisieren. Zusammen mit ihm bilden sie eine göttliche Trinität, die Anfang, Ende Verlorenheit und Errettung des Kosmos bedeuten. Der Mithraismus wurde vor allem durch Soldaten, Händler und Sklaven bis nach Nordafrika, Spanien, Gallien, Germanien und Britannien gebracht. Der Ausgangspunkt der Mithrasreligion für den Okzident war Kilikien in Kleinasien, die Heimatprovinz des Apostel Paulus. Dort war der Mithrasglaube fast hundert Jahre vor Paulus schon eingedrungen. Die moderne Bibelforschung konnte eine Reihe von Entsprechungen zwischen seinen Predigten und Inhalten des Mithraskultes feststellen. Frühesten Zeugnisse der Mithrasreligion stammen aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Im 2. und 3. Jahrhundert kommt es dann zu einem vermehrten aufrtreten. Reste von Kultstätten fand man vor allem in Deutschland, am gesamten Verlauf des Rheins, mit Schwerpunkt Rhein-Main-Gebiet und in England. Entlang des Limes folgten sie dem Limes bis nach Pannonien. Daher wurde auch der Eindruck geweckt, dass der Mithraskult eine Soldatenreligion gewesen sei. Ihm gehörten jedoch weite Teile der römischen Beamtenschaft an. Im 3. Jahrhundert war Rom das Zentrum der Mithrasverehrung. Dort wurden die Überreste von ca. 800 Mithraskultstätten vorgefunden. In der weiteren theologischen Entwicklung wurde Mithras mit dem Sol Invictus, dem unbesiegbaren römische Sonnengott personifiziert. In der Darstellung erhielt Mithras daher einen Strahlenkranz.

3. Kultstätten (Mithräen)


Die Verehrung des Mithras erfolgte in Mithras-Heiligtümern, die Mithräen genannt wurden und in größerer Zahl in Deutschland ausgegraben werden konnten. das Mithräum könnte man auch als Mithraskirche bezeichnen. Die jedoch nach aussen hin unsichtbar war, denn die Versammlungsräume befanden sich unter der Erde. Es waren langgestreckte Gewölbe, an deren Westseite der Mithrasaltar stand. Das Altarbild des Mithras richtete sich jedoch, anders als bei den christlichen Altären, nach Osten. Im Altertum stellte man sich damals das Himmelsgewölbe als eine steinerne Decke vor, weil von ihm Meteoriten herabfielen. Analog war auch das Gewölbe des Mithräums als Sternhimmel gemalt. Die Mithrasanhänger stiegen also nur scheinbar unter die Erde. nach ihrer Auffassung versammelten sie sich unter dem Himmelszelt. Der Mithraslehre zufolge geschieht der Aufstieg zum Ewigen (Fixsternen) über die Planeten unseres Sonnensystems. Nach damaliger Auffassung gab es sieben Planeten, zu den auch Mond und Sonne gehörten. Mit ihren Bewegungen tragen sie die Seelen zum ewigen Fixsternhimmel hinauf. Eine besondere Rolle kommt hierbei der Sonne zu, die in ihrem Gang durch das Jahr zweimal den den Himmelsäquator schneidet. Jeweils zur Tag- und Nachtgleiche im März und im September. Diese Schnittpunkte sind die Stationen der Seele zum Wechsel in die Fixsternwelt. Zu diesen beiden Zeitpunkten wurden daher auch die Hauptfeste des Mithraskultes gefeiert. Aber für den unterirdischen Aufenthalt gab es noch eine andere Ursache: für die Umwelt sollte das Mithräum ein geheimer Ort bleiben. Daher wurde der Mithraskult auch als Geheimkult und als Mysterienreligion angesehen. Seine Anhängerschaft bestand nur aus männlichen Mitgliedern.


Rekonstruktion Mithräum Riegel (o. l.)
Mithräum Riegel (o.)
Mithräum London ( l.)


4. Glaubensinhalte


Grundlage bildet der Altiranische Glaube vom ewigen Kampf des Lichtes gegen die Finsternis, der sich zum Dualismus zwischen Gut und Böse vergeistigte. Den lichten Mächte stehen den finsteren Mächten gegenüber. Am Ende werden die finsteren Mächte besiegt und überwunden werden. Die Religion Zarathustras kennt zwei Götter: Ahura Mazda, der Gott des Guten und Ahriman, den Gott des Bösen und der Finsternis. Mithras ist das Auge des Himmelsgottes Ahura Mazda. Sichtbares Sinnbild des Auges des Himmelsgottes ist die Sonne. Deshalb wurde Mithras auch mit dem Sonnengott gleichgesetzt oder steht in einer besonderen Beziehung zum Sonnengott. Mithras kämpft gegen die Dämonen Ahrimans, aber auch gegen die Gottlosen und Vertragsbrüchigen. Er liebt die Wahrheit und die Treue. Beim Tod eines Menschen, muß seine Seele den Weg zu Gott finden, um sich mit ihm zu vereinen. Der Lichtfunke der Seele muß sich mit dem sonnenähnlichen Licht Gottes vereinen. Die Seele gelangt zunächst in den Bereich unterhalb des Mondes. Jenseits des Mondes trifft sie dann auf die Dämonen und Naturgeister, die im Wasser, in der Luft oder in der Erde wohnen. Dann kommt die Sphäre der Planeten und Planetengötter, mit Mars, Jupiter, Venus, Heillos usw. Darüber folgt dann der Bereich der Fixsterne mit dem Zodiakus. Damit die Seele wohlbehalten am Ziel ankommt, muß sie sich der Mensch bereits zu Lebzeiten auf ihre Reise durchs Jenseits vorbereiten. Ihr göttlicher Geleiter ist Mithras. In einem Mithräum konnte der Gläubige seine Seele auf eine vorweggenommene Reise schicken, um ihren Weg ins Jenseits zu erkunden.

5. Struktur und Weihegrade


Das Gemeindeoberhaupt trug den Namen pater patrum (Vater der Väter), wie auch der Oberpriester des Attiskultes und der Papst in Rom. Die Priester führten häufig den Titel „Vater", und die Gläubigen nannten sich „Brüder", eine Bezeichnung, die auch in anderen Kulten üblich war, zum Beispiel in dem des Jupiter Dolichenus, wo die Mitglieder „fratres carissimi" hießen, lange bevor die Christen denselben Terminus gebrauchten.
Die Eingeweihten des Mithraskultes mussten sieben Weihegrade durchlaufen: Rabe, Nymphus, Soldat, Löwe, Perser, Sonnenläufer und Pater. Die sieben Grade, die stufenweise zu einer Gemeinschaft mit dem Gott hinführten, waren jeweils mit bestimmten Riten verbunden, die die sieben Sphären/Planeten darstellten. So wurde beim Weihestadium des Soldaten der Adept zu Tode erschreckt, dass er glauben musste, dem Tode nahe zu sein. Die höheren Weihegrade begannen mit der Stufe des Persers, die der einfache Adept nicht durchlief.

Weihegrad
Planetengott
Attribute
7. Pater
Saturn
Sichel, Phrygische Mütze, Szepter, Opferschale
6. Heliodromos
Sol
Strahlenkranz, Peitsche
5. Perses
Luna
Mondsichel, Abendstern, Hakenschwert
4. Leo
Jupiter
Blitzbündel, Weihrauchschafel, Sistrum
3. Miles
Mars
Helm, Lanz, Rindsschulter
2. Nymphus
Venus
Diadem, Lampe
1. Corax
Merkur
Heroldsstab, Becher, Rabe

6. Symbolik der Altardarstellungen


 Auf allen Mithrasaltarsteinen wird der Gott beim Opfern des Urstieres gezeigt. Den Stier, den er weit über die Erde verfolgt und schließlich eingefangen hatte, trug Mithras auf seinen Schultern in eine Höhle getragen. Dort wurde das Tier geopfert. Die Abbildungen zeigen einen jugendlich schönen Mann, der neben dem Stier steht, ihn an den Nüstern gepackt hat und ihm seinen Dolch in die Halsschlagader stößt. Ein Hund springt hinzu, um das Blut zu trinken. Ein Mischkrug, um den sich eine Schlange ringelt, ist aufgestellt, um das Blut aufzufangen. Ein Skorpion sitzt an den Genitalien des Stieres, um seinen Samen zu trinken. Auf dem wehenden, sternbesetzten Mantel des Gottes sitzt ein Rabe, der Bote des Sonnengottes. Mithras ist zusammen mit den Symbolen des Mondes, der Gestirne und der Jahreszeiten am Rande des Reliefbildes zu sehen. Von den beiden Begleiter des Mithras hält Cautos eine Fackel nach oben, was Leben und Sonnenaufgang bedeutet, während Cautopates die Fackel senkt, was den Sonnenuntergang und den Tod bedeutet. Cautes und Cautopates stellen auch Morgen- und Abendstern dar. Aus der Schwanzspitze oder aus der Halswunde des Stieres sprießen Ähren, Kräuter und Pflanzen. Der Urstier wird geopfert zur Erneuerung der Welt. Aus seinem Blut und aus seinem Samen erneuert sich die Erde und alles Leben. Auf allen Altarabbildungen trägt Mithras die phrygische Mütze, die in der Antike Orient weit verbreitet war. Die lederne, helmartige Kopfbedeckung mit einem runden, nach vorn geneigten Zipfel, wurde aus dem Hodensack und der angrenzenden Fellpartie eines Stieres hergestellt. Eine besondere Härte erreichte diese Mütze durch trocknen. Man glaubte, dass die lebenspendende Kraft des Stieres durch die Mütze auf ihren Träger überging.
(Später sollte die phrygische Mütze in der romanischen Kunst zum Sinnbild der Zügellosigkeit und sexueller Ausschweifungen werden. Aus rotem Stoff gefertigt, sollte sie schließlich bei der französischen Revolution zur Kopfbedeckung der radikalen Jakobiner werden.)



Mithräum Nida (Frankfurt a. M. - Heddernheim)
Ärchaologisches Museum Frankfurt am Main
Mithräum Londunium
Stadtmuseum London

7. Riten und Glaubensinhalte / Christlicher Synkretismus


Der Geburtstag des Mithras, der dies natalis solis, war der 25. Dezember. Erst im Jahre 353 legte die christliche Kirche den Geburtstag Christi auf den 25. Dezember, um Mithras, den unbesiegbaren Sonnengott, aus dem Volksbewusstsein zu verdrängen. Die Adventzeit als Vorfeier des Weihnachtsfestes gibt es erst seit dem 6. Jahrhundert auf. Auch in ihr lebt symbolisch ebenfalls die Geburt des Mithras weiter, da mit seinem Erscheinen das Licht in die Welt gebracht, und das Leben erneuert wird. (mit der Wintersonnenwende werden die Tage wieder länger). Die christliche Weihnacht, bei der in finsterer Winternacht die Kirchen und die Wohnzimmer strahlend hell erleuchtet werden drückt diese Vorstellung aus.

Die Mithrasreligion hatte das astrologische Wissen der "weisen Magier" Babylons übernommen, von denen drei nach
christlichen Überlieferung dem neugeborenen Jesuskind huldigten, nachdem sie einem Stern nach Bethlehem gefolgt waren.
Zu den "Heiligen drei Knöigen" wurden diese "magoi" (Sternendeuter) aus dem Morgenland erst in späterer Zeit verklärt.

Wie das frühe Christentum stellt sich auch die Mithrasreligion als Jenseitsreligion dar.

Wie Mithras stieg auch Christus vom Himmel herab. Auch bei seiner Geburt sollen ihn Hirten angebetet und ihm die Erstlinge ihrer Herden und Früchte dargebracht haben. Später fuhren beide wieder zum Himmel hinauf, wo sie von (Sonnen)Gott inthronisiert, Teilnehmer der göttlichen Allmacht, und schließlich zum Teil einer Trinität wurden.

Der Glaube der Mithrasanhänger, dass Mithras einst wiederkehren würde, um die Toten zu erwecken und zu richten
wurde von den Christen auf Jesus übertragen.

Bereits Mithras war Mittler zwischen Himmel und Erde, Gott und dem Menschengeschlecht, Gottmensch, Weltheiland und Erlöser.

Der heilige Tag des Sonnengottes war der "dies solis" (Sonntag). Er wurde im Mithraskult als erster Tag der Woche besonders gefeiert, und dann auch von den Christen, für die ursprünglich alle Tage in gleicher Weise dem Herrn gehörten, als "Tag des Herrn" übernommen. Bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts betonte Origenes, dass für den vollkommenen Christen alle Tage Herrentage seien.

Der Mithraskult kannte sieben Sakramente. Ebenso viele spendet heute noch die katholische Kirche, die in der Anzahl ihrer heiligsten Güter jedoch lange Zeit unentschlossen war. Erstmalig im 12. Jahrhundert wurde die Siebenzahl der katholischen Sakramente bezeugt und erst auf dem Konzil von Ferrara-Florenz (1439) zum Dogma erhoben.

Der Mithraskult besaß neben Taufe und Firmung eine Kommunion, die aus Brot und Wasser manchmal aus einem Gemisch von Wasser und Wein bestand. Auch dies war Vorbild für die spätere christliche Auffassung , dass sie zum Gedächtnis an die letzte Mahlzeit des Meisters mit den Anhängern zelebriert wurde. Die Mithras-Hostien waren mit einem Kreuzzeichen versehen.

Wie später bei den Christen oblag den Priestern das Spenden der Sakramente und die Zelebrierung des Gottesdienstes.

Der altiranische Dualismus hatte zuvor schon Eingang in das Judentum (Essener) gefunden und sich später auf das Christentum übertragen. Ahriman wurde hierbei zum Satan (Widersacher). Zur besonderen Ausprägung gelangte der Dualismus bei den Manichaern, den Bogomilen und schließlich den okzitanischen Katharern des Mittelalters.



timediver´s Anmerkungen:
Auch das schwarz-weisse Banner (Béausant) der Templer wird häufig als Versinnbildlichung des universellen Dualismus gedeutet. Manche Autoren gingen in ihren Interpretationen sogar noch weiter, indem sie die These aufstellten, dass die Templer (modifizierte) Mithrasverehrer gewesen seien.

Die 'Mithriasten' beriefen sich auf eine Offenbarung, setzten eine Sintflut an den Anfang der Geschichte und ein Jüngstes Gericht an deren Ende. Die Christen übernahmen neben dem Endzeitgericht von der Mithrasreligion auch den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung des Fleisches.

Der Mithraskult für das Christentum eine mächtige Konkurrenz war, wurde er von den Christen häufig diffamiert.
Christliche Quellen berichteten u. a., dass die neu getauften Mithrasanhänger Rabenmasken getragen, gekrächzt und mit Flügeln geschlagen hätten, während die Löwen ein Gebrüll angestellt hätten. Es wurde auch von Taufen und Abendmahl mit Tierblut
berichtet.


8. Das Ende


Obwohl einige römische Kaiser Mithrasanhänger waren (z.B. Commodus, 180 –192 n. Chr.), der römische Staat die Mithrasreligion eine Zeit lang förderte und die Mithrasanhänger loyale und treue Soldaten und Beamte waren, unterlag diese Religion schließlich dem Christentum. Der Umstand das der Mithraskult nur den Männern vorbehalten war, wir hierfür häufig als Hauptgrund angesehen.

Hinzu kam jedoch auch, das der Kult durch die inzwischen christlichen römischen Kaiser verboten wurde. Von der Kirche aufgestachelt, haben die Christen noch im 4. Jahrhundert seine Anhänger überall verfolgt, die Mithräen geplündert, die Priester getötet und in den geschleiften Tempeln begraben. In den Ruinen des Mithräums der Saalburg (bei Frankfurt am Main) fand man das Skelett des Mithraspriesters in Fesseln. Man hatte den Leichnam im Heiligtum verscharrt, um dieses für immer zu entehren. Für einige Forscher gelang die Niederkämpfen dieses Glaubens sogar nur, weil die Christen ihre Kirchen einfach über seinen Kultstätten erbauten. Wurde doch dadurch nach antikem Denken der frühere Gott gelähmt oder gar vernichtet. Eine ganze Mithraskrypta liegt beispielsweise unter der Kirche San Clemente in Rom (s. Foto unten). Der christliche Altar steht fast genau über dem heidnischen.

Seine Hochblüte erlebte die Mithrasverehrung im 3. Jahrhundert n. Chr. Danach konnte sie sich nur noch in den Alpen und Vogesen bis ins 5. Jahrhundert erhalten. Dann war sie auch dort beseitigt und blieb bis ins 19. Jahrhundert fast völlig vergessen.


San Clemente in Rom (2. Untergeschoss)