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Goldschatz von V R A P

 

Albanien Vrap

Am Sonntag, den 15. April 2005 berichtete mir der Leiter der Germanistischen Fakultät der Universität Tirana, Martin Mato, von einem bedeutenden Goldschatz der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Albanien gefunden wurde. Neugierig geworden, konnte ich seinen spontanen Vorschlag, den Fundort aufzusuchen natürlich nicht ablehnen.....

....und so machten wir uns in seinem alten Benz auf den Weg zum etwa 30 Kilometer südlich von Tirana liegenden Bergdorf Vrap. Während man Vrap früher nur auf Pfaden und zu Pferde erreichen, gelang es uns mit Mato’s altem Benz und langsamer vorsichtiger Fahrt, die zum Teil unbefestigte, steinige, steile und enge Piste zu bewältigen. Die in 600 Metern über dem Meeresspiegel liegende Ortschaft ist 12 Kilometer Luftlinie von Peqin, der ehemaligen, am rechten Ufer des Flusses Shkumbin (Genesus) gelegenen, Via- Egnatia-Station Clodiana entfernt. Das in einem nach Süden hin leicht abfallenden Talkessel liegende Dorf wird im Norden von dem ca. 100 Meter hohen "Mali i Sharrës së Qytetit" überragt, auf dessen Kuppe die Überreste einer frühmittelalterlichen Siedlung gefunden wurden.
Die Fundstelle liegt nordwestlich des Ortes, am Aufgang zum wenige hundert Meter entfernten "Qafa e Këmbonës" (Glockenpass), auf dessen Höhe sich Mauerfragmente eines frühneuzeitlichen Klosters befinden.
Der "Qafa e Këmbonës" und der Höhenzug "Mali i Sharrës së Qytetit" bilden die Wasserscheide zwischen dem südlich gelegenen Fluss Shkumbin und dem Fluss Erzen im Norden.

Weitere Schatzfunde konnten wir zwar nicht machen, wurden aber von den männlichen Dorfbewohnern, die gerade mit einem Domino-Spiel befasst waren, freundlich in Empfang genommen. Man räumte den Spieltisch, um uns einen Sitzplatz anzubieten und reichte ein kühles Tirana Bier. Auf dem Rückweg sollte uns der Dieselkraftsoff ausgehen. In einer Plastikflasche wurde uns frischer Sprit besorgt, so dass wir nach Eintritt der Dunkelheit wohlbehalten nach Tiran zurückkehrten.

 

 

Albanien Haengebruecke
Albanien Weg nach Vrap

Auf dem Weg nach Vrap  (Fotos:  2007 © by timediver®)

Auffindungsgeschichte Nr. 1 und Beschreibung des Goldschatzes

Im Jahre 1917 berichtet der Wiener Kunsthistoriker Josef  Strzygowski über einen der bedeutendsten, aus dem frühen Mittelalter stammenden Goldschätze, der in Südosteuropa gefunden wurde. In seinem, in Leipzig erschienenen, Buch "Altai-Iran und die Völkerwanderung" schildert er die Umstände, die zum Auffinden des im Jahre 1901 nahe der zentralalbanischen Ortschaft Vrap gefundenen Schatzes (5,6 kg Gold und 1,438 kg Silber) führten und beschreibt detailliert die 41 einzelnen Fundstücke.

Durch die Denunziation eines Albaners wurden die osmanischen Behörden im Frühjahr 1902 auf einen Schatzfund aufmerksam gemacht, weil ein 17 cm hoher, 464 Gramm schwerer, getriebener Goldkelch mit sechs Vögeln in Medaillons zum Gegenstand eines Streites geworden war. Daraufhin wurde der fragliche byzantinischer Eucharistie-Kelch vom Mutessarif Mehmed Hüsni Bey beschlagnahmt und nach Istanbul geschickt.

In Duerrës wurde der k u. k. -Konsul Rémi v. Kwiatkowski auf diesen Vorfall aufmerksam gemacht und stelle Nachforschungen an, um etwas über die Fundumstände zu erfahren. Seine Nachforschungen brachten eine goldene Griffschale in nomadischer Form und die Erkenntnis zu Tage, dass es sich um einen größeren Schatzfund handelte.

Er fand heraus, dass ein Bauer bei Vrap, einem Dorf im Bezirk Peqin im Distrikt Elbasan bei Ackerarbeiten auf einen Kupferkessel gestoßen ist. Ohne sich mit dessen Inhalt zu beschäftigen, verschacherte der Bauer den Kessel für ein paar Medschidjes an drei andere Albaner, die in mit nach Hause nach in das nahe gelegene Arbana nahmen. Kurz darauf kam es zu dem besagten Streit.

Albanien Vrap Schatz Kelche

Der nachfolgende Erwerb von 39 Artefakten, die sich zunächst im Besitz von J. Perpont Morgan befanden und schließlich im Jahre 1917 in das Metropolitan Museum von New York gelangen sollten, zog sich dann unter zum Teil merkwürdigen Umständen über fünf Jahre hin.
Neben diesen Gegenständen und dem Istanbuler Kelch, gelangte eine massive goldene Grafschale nomadischer Form, mit Rankendekor am Griff (18,2 cm und 510 gr.) über Triest nach Paris.

Bericht & Beschreibung von Dr. Peter Stadler(1996).
 

Auffindungsgeschichte Nr. 2

Joachim Werner besuchte im Jahre 1982 den Ort Vrap, wo er unter Vermittlung von S. Anamali von dem 79jährigen Bauer Muharrem Biceri (einem Verwandten der Schatzfinder) folgende Version zum Fund hören konnte:
Im Jahre 1901 entdecken Murat und Ali Biceri, Met und Mustafa Mema gemeinsam auf dem Feld des letztgenannten Mustafa den Schatz. Zwischen den Resten eines Kupferkessels förderten sie neben zwei Goldgefäßen, noch weitere goldene Artefakte aus einem Erdloch hervor.
Nachdem die vier Bauern den Schatzfund unter sich aufgeteilt hatten, ist ein goldener Kelch von einem der Finder für 900 Gros an einen Kupferschmied verkauft worden.

Dessen Gehilfe habe, weil er nicht am Geschäft beteiligt wurde, den Schmied bei der osmanischen Behörde in Elbasan angezeigt. Der Kelch sei beschlagnahmt worden und osmanische Beamte seien nach Vrap gekommen, um vergeblich nach weiteren Funden zu suchen.
Inzwischen hatten die vier Schatzfinder ihre Anteile bei Verwandten und Freunden versteckt. Von dort sei alles zusammen schließlich in die Hafenstadt Durrës gelangt. Ein Goldgefäß sei vom Schwiegersohn  eines der Bauern nach Italien verkauft worden, da dieser Geld benötigte, um seinen Sohn operieren zu lassen.

Während der Regierungszeit König Zogus seien wiederholt Leute aus Tirana zur Schatzsuche nach Vrap gekommen, weil es in römischer Zeit eine große Siedlung und in der Nähe der Fundstelle eine Münzstätte gegeben habe.

Historische Einordnung des Schatzes

Strzygowkis Vergleiche der goldenen Gürtelbeschläge von Vrap mit anderen frühmittelalterlichen Funden aus Ungarn ergab, dass der mit Ranken und Greifen verzierte Gürtelbesatz in die jüngere Entwicklungsphase der awarischen Gürtelmode einzuordnen ist. Aufgrund seiner Qualität und des kostbaren Materials (Gold) lässt der Gürtel auf einen Besitzer aus der obersten Führungsschicht der Awaren schließen. Neben offensichtlich aus einer Goldschmiedewerkstatt  stammenden, unvollendeten Stücken mit Gusszapfen und Goldbarren, lassen vor allem die christlich-byzantinischen Gefäße, sowie die nomadischen Goldschalen darauf schließen, dass es sich um Plünderungsgut aus dem Besitz des Khagans der Awaren handeln muss.

Der Bericht Strzygowkis war weitgehend in Vergessenheit geraten, bis im Jahre 1981 vom Londoner Auktionshaus Sotheby Parke Bernet & Co. ein zweiter, aus "europäischen Privatbesitz" stammender Schatzfund (2,66kg Gold, 3,626 kg Silber) zur Versteigerung gelistet wurde, der gussformidentische Gürtelbesätze zum Fund von Vrap  vorwies. Der Auktionskatalog offerierte einen 122teiligen Gold- und Silberschatz aus der Awarischen Periode um 700 nach Christus, der nach der Auktion, mit Ausnahme von zwei byzantinischen Silbertellern wieder an seinen unbekannten Besitzer zurückging. Die zur Auktion angebotenen Artefakte waren offenbar keine Teile des Schatzfundes aus dem Jahre 1907, eine Expertise bestätigte jedoch indirekt auch dessen Echtheit.

 

Albanien Weg nach Vrap2

Auf dem Weg nach Vrap  (Fotos:  2007 © by timediver®)

Albanien Blick auf Vrap

   Blick auf Vrap  (Fotos:  2007 © by timediver®)

 

Vorgeschichte des Schatzes

 

583

Die Awaren erobern die Stadt Sirmium.

615/620

Griechischen Bewohner des nördlichen Ilyricum und aus Thracien werden von den Awaren nach Pannonien verschleppt.

Um 680

Die Verschleppten haben den Statuts eines selbständigen Ethos erreicht und werden nach der eroberten Stadt Sirmium Sermésionoi genannt.

680/81

Albanien Karte 6.-7-Jahrhundert

Der Khagan der Awaren setzte seinen Vasallen, den Bulgaren Kuber(Sohn des Khan Kubrat und Bruder Khan Asparuch- (3.) als Archon der Sermésionoi ein.

Kuber und sein Bruder Asparuch lösen sich von der awarischen Vasallenschaft.

 

682/84

Während Asparuch über die Donau in das byzantinische Reich vorstößt, entschließt sich Kuber zusammen mit seinem bulgarischen Gefolge, die Sermésionoi in ihre alte Heimat (4.) zurückzuführen. Bei der Verfolgung der aufständischen Auswanderer müssen sich die Awaren mehrmals geschlagen geben. Bei diesen Kämpfen könnte Kuber in Besitz des Awarenschatzes gelangt sein.

Auf der Straße Naissus (Nîs)-Scupi (Skopje) erreichen Kuber und sein Gefolge schließlich die zwischen Stobi und Heraclea Lyncestis/Bitolj gelegene Ebene von Ceramiai, wo sie sich mit Billigung des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. niederlassen.

Der von Kuber entsandte Bulgare Mauros, scheitert beim Versuch die Stadt Saloniki zu erobern.

In diesem Zusammenhang könnte der Awarenschatz in das Einzugsgebiet der Via Egnatia gelangt sein. Ein Rätsel bleibt jedoch, wie er von da aus in die Berge des abgelegenen Vrap gekommen sein könnte.

 

 

Projektnummer: Einzelprojekte P13142
Titel: Der Goldschatz von Vrap in Albanien
Projektleiter: Peter STADLER
Bewilligungsdatum: 30.06.1998
Universität / Forschungsstätte: Naturhistorisches Museum Geologisch-Paläontologische Abteilung,
Institut für Ur- und Frühgeschichte, Universität Wien