• Letzte Aktualisierung: 15.05.2007   

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Bulgarien



Von den Hunnen zum "Großbulgarischen Reich" bis Wolgabulgarien




Über Abstammung und Herkunft der sogenannten Ur-, Alt- oder Protobulgaren gibt es kontroverse, mehr oder weniger glaubhafte Theorien. Nach vorherrschender Meinung waren die Urbulgaren altaischer Abstammung und überwiegend als Turkvolk anzusehen, das aus den Resten der Hunnenund verwandten turkstämmigen Volksgruppen entstanden ist. So sind die Protobulgaren aus Stämmen der Onoguren entstanden, denen sich auch andere turkstämmige Völkerschaften, wie Sabiren und die Vorfahren der Khasaren freiwillig anschließen, bzw. von diesen unterworfen werden. Sie sprachen zu jener Zeit eine der sogenannten ogurischen Sprachen, waren demnach als Oguren aufzufassen. Ihr ethnisches Gepräge sollte sich mit der Unterwerfung weiterer Völkerschaften ändern. Die alttürkische Bezeichnung "Türük-Bolqar/Turuk-Bulkha" (=vermischte Turuk) deutet darauf hin, dass es sich bereits von Anfang an um ein Stammeskonglomerat handelte, in das neben türkischen, auch eine Vielzahl anderer ethnischer und kultureller Elemente Eingang gefunden hatte.

Hunnen-Bulgaren Katalaunische Felder

Hunnen, Bulgaren Rueckzugsgebiet Demgegenüber gibt es zweifelhafte Hypothesen,die die Urheimat der Urbulgaren in die Ebenen westlich und nördlich von Pamir verlegen, und sie zu Indoeuropäern iranischer Zugehörigkeit erklären. Derartige Theorien, die u. a. die Bulgaren auch zu Nachkommender Makedonen Alexanders des Großen machen wollen, dienen im Hinblick auf die spätere, über 500 Jahre währende, Osmanenherrschaftin erster Linie der Abgrenzung gegenüber den türkischen Nachbarn.

Die Altbulgaren gehören somit ihrerseits zu dem noch weitaus größeren,polymorphen Völkersammelsurium, der „Hunnen“, dass auch als hunnisch-bulgarischerVerein bezeichnet wird. Überlieferungen verklären den Hunnenkönig Attila und seinen Sohn Ernach gar zu Aviothohol und Irnik, den Begründernder Dulo-Dynastie, aus der Khan Kubrat und seine Nachfahren hervorgehen sollten.



454

Nach der Schlacht auf den katalaunischen Feldern ziehen sich die hunnisch-bulgarischen Völker von Pannonien (Ungarn) aus in die Schwarzmeersteppe zurück. Ihre herrschenden Familienclans der Kutriguren und Utriguren führen ihre Abstammung auf die Söhne Attilas zurück. Unter ihrem Anführer Wund überschreiten Kontingente der Urbulgaren den Kaukasus und lassen sich in Armenien nieder, wo sie in späteren Jahrhunderten assimiliert werden.

460

Die hunnisch-bulgarischen Verbände werden von den Awaren besiegt, die jedoch nach Westen weiterziehen.

480

Die Bulgaren treten erstmals selbständig in Erscheinung und schließen einen Friedensvertrag mit Byzanz, das dadurch einen Verbündeten gegen die Ostgoten gewinnt.

488

Die geschlagenen Goten verlassen fürimmer die Balkanhalbinsel und eröffnen damit den Bulgaren den Zugang zu den ehemaligen römischen Provinzen Mösia, Thrakia und Macedonia.

493

Die Bulgaren dringen in Thracia ein und besiegen den Heerführer Julianus, was den byzantinischen Kaiser Anastasius I. den Aufbau neuer Festungen forcieren lässt.

499

In der Schlacht am Fluss Zurta vernichten die Bulgaren das gesamte illyrische Heer der Byzantiner.

502

Thracia wird von einem erneuten Raubzug der Bulgaren heimgesucht.

513

Die bulgarischen Razzien ins byzantinische Reichgebiet erfolgen von nun an alljährlich. Die Bulgaren begnügen sich diesmal nicht alleine mit Plünderungen und Verschleppung der Bevölkerung,sondern beginnen auch mit der Belagerung von Festungen.

562

Die durch byzantinische Diplomatie ausgelösten Auseinandersetzungen zwischen den Hauptzweigen (Kutriguren und den Utiguren) führen zu zeitweiliger Hemmung ihrer Angriffe. Durch gemeinsame Aktionen mit anderen Völkern zerstreut sich ein Teil der Bulgaren.

568/69

Unter dem langobardischen König Alboin siedeln sich verbündete Bulgaren aus Pannonien in Norditalien an. (an diese Zeit erinnern noch heute die Namen Bulgari und Bulgarinin).

Um 600

Orchan, der als Onogur-Hunne noch einen traditionell geschorenen Kopf (bei den frühen Steppenvölkern einSymbol des einfachen Kriegers!) hatte, gründet als erster Fürst der Bulgaren im Bereich der Flüsse Don und Wolga, das so genannte "GroßbulgarischeReich", das jedoch zunächst im Osten vom westtürkischen Reich Tardus und im Westen von den Awarenkhanen bevormundet wird. Orchans Neffe, Kubrat Dulo, lebt 22 Jahre lang in Konstantinopel. Ob als Gast oder Geisel, mag ebenso dahingestellt bleiben, wie sein angeblicher Übertritt zum Christentum. Während seines Aufenthaltes erlangte er jedoch Kenntnisse, die ihm später bei der Verwaltung seines späteren Staates von Nutzen sein werden.

632

Khan Kubrat steht an der Spitze "Großbulgariens", das sich in der südrussischen Ebene, bis in den Kaukasus und nach Armenien erstreckt. In dem religiös toleranten Staatsgebilde gibt es eine Koexistenz von Animismus (=Verehrer Tengris, des weiten Himmels), Buddhisten, Islam und Christentum, zu dem sich Khan Kubrat bekennt. Besondere Achtung erfährt das Militärwesen, das in kritischen Zeiten auch die Rekrutierung von jungen Frauen vorsieht. Zu dem überwiegend aus berittenen Truppen bestehenden Heer, gehört neben einer leichten Reiterei (wie bei allen Steppenvölkern) zusätzlich noch ein schwer bewaffnete Reiterei, deren Krieger und Pferde mit Eisenpanzerung besonders geschützt sind. Dem an der Spitze des Staates stehenden Khan ist ein Rat der Adligen (Große Boilen) zur Seite gestellt. Zweiter Mann im Staat ist der Kawkhan, dritter der Irschirguboil: Als höchste Verwaltungsbeamte und militärische Kommandanten üben sie eine Doppelfunktion aus, die in den nachfolgenden Stufen der administrativen Hierarchie ihre Fortsetzung findet.

635

Kaiser Herakleios erkennt indirektdie Existenz des neuen Staates an, indem er einen Freundschaftsvertrag mit Khan Kubrat schließt und diesem den Titel „Patrizier“ verleiht.

642

Nach dem Tod Kaiser Herakleios unterstützt Khan Kubrat dessen Witwe und Kinder im Kampf um den Thron. Gleichzeitig entsteht an seinen Landesgrenzen der territoriale Konflikt mit den aufstrebenden Chasaren. Im Anbetracht der erstarkenden Khasaren ermahnt Khan Kubrat und Begründer des Dulo-Clans der Legende nach, seine Söhne (Batbayan, Kotrag, Kuber, Alziok, und Asparuch) zur staatlichen Einheit, indem er sie mit gebündelten Weinruten vergleicht, die man im Verbund nicht, einzeln jedoch brechen kann.

651

Nach dem Tode Khan Kubrats entwickelnseine Söhne dennoch verschiedene Strategien, um sich mit den Khasaren zu arrangieren.

  1. Batbayan bleibt im Gebiet der Wolgamündung (in der Hauptstadt, deren Lage in der Nähe des heutigen Fanagoria am Asowischen Meer vermutet wird), und unterwirft mit seinem als "SchwarzeBulgaren" bezeichneten Volk die Khasaren. Die Khara Bulkhar, bzw. QaraBolgar werden noch einige Zeit in russischen Inschriften erwähnt, dann verschwinden sie von der historischen Bühne.

  2. Bulgarien 6.-7.Jahrhundert

  3. Batbajans Bruder Kotrag überschreitet mit seiner Gefolgschaft den Fluss Tanais, wandert nach Norden und gründet am Zusammenfluss von Wolga und Kama das Reich der "Weißen Bulgaren", das am Anfang noch von den Khasaren abhängig ist.
    Somit werden die Akh Bulkhar oder Aq Bolqar, zu den eigentlichen Wolgabulgaren, die im 10. Jahrhundert unter ihrem Khan Almusch den Islam annehmen, und so bald zu einer bedeutenden Fernhandelsmacht für Luxusprodukte zwischen den Kiewer Rus und den islamischen Ländern im Süden aufsteigen sollten.
    Diplomatische Beziehungen reichten unter Ibrahim (reg. 1006-1025) Chorasan. Zahlreiche Städte, wie Bolgar (beim heutigen Kasan gelegen) wurden gegründet, bevor Wolgabulgarien im Jahre 1236 von der Goldenen Horde zerstört wurde.
    Das heutige Volk der Tschuwaschen sieht sich als Nachfahren eines Teils der Wolga-Bulgaren, ein anderer Teil verschmolz mit den Kasan-Tataren, die sich noch bis ins späte 19. Jahrhundert als "Bolgarları" (Bolgaren = Bulgaren) und nicht als "Tatarlar" (Tataren) bezeichneten.

  4. Um 675

    Asparuch überschreitet die Donau und lässt sich in deren Delta nieder. Er nennt sein Land Bulgarien, das mit seiner damaligen Bezeichung als einziger Staat Europas bis heute existieren wird.

  5. Um 680/681

    Khan Asparuchs Bruder, der vom Khagan der Awaren eingesetzte Archon der "Sermésionoi" Kuber löst sich aus der Vasallenschaft der Awaren. Er entschließt sich, sein bulgarisches Gefolge und die von den Awaren 60 Jahre zuvor aus dem nördlichen Ilyricum und aus Thracien verschleppten Einwohner "Sermésionoi" in ihre alte Heimat zurückzuführen. Bei der Verfolgung der aufständischen Auswanderer müssen sich die Awaren mehrmals geschlagen geben. Bei diesen Kömpfen könnte Kuber in Besitz des Awarenschatzes gelangt sein. Auf Straße Naissus (Nîs)-Scupi (Skopje) erreichen Kuber und sein Gefolge schließlich die zwischen Stobi und Heraclea Lyncestis/Bitolj gelegene Ebene von Ceramiai, wo sie sich mit Billigung des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. niederlassen und dadurch das erste westbulgarische Gemeinwesen (4.) gründen.

    Der Überlieferung nach geht sein Bruder Alziok mit 9000 Bulgaren nach Bayern. Nachdem sie freundlich aufgenommen worden sind, erteilt König Dagobert I. den Befehl zur Tötung der Bulgaren. Mit 700 Überlebenden Familien gelingt es Alziok, sich in die Lombardei zu retten, wo sie sich zunächst in der Gegend um Venedig, später im verwüsteten Küstengebiet der Exarchie von Ravenna (heute Campobasso) niederlassen. Bei Rimini und Ossimo gibt es noch heute Landstriche, die als "bulgarische Gegend", "Bulgarisches Land", "Land des bulgarischen Barons" usw. bezeichnet werden.




Weiterführende Links:


Madara & Pliska

Nesebar & Pomorie

1. Bulgarisches Reich auf dem Balkan (Donaubulgarien)

Aromunen - 2. Bulgarisches Reich (1186)

Awarenschatz von Vrap


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