• Letzte Aktualisierung: 07.11.2012

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Das Kunstwerk des Büdinger Bildhauers Axel Gallum (Foto links) und ein Schild weisen am "Keltenkreisel" der oberhessischen Gemeinde Glauburg den Weg zum Archäologischen Park Glauberg.


Das Plateau des Glaubergs ( 276,5 M ü. NN) wurde bereits seit der Jungsteinzeit in der Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr. besiedelt. Eine zweite Besiedlungsphase begann während der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr.  Erste Befestigungen entstanden vermutlich in der frühkeltischer Zeit zwischen dem 6. bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. (Späte Hallstadtzeit und frühe Latènezeit) Der Weiher auf dem Plateau reichte offenbar nicht mehr für die Wasserversorgung, so dass Annexwälle hangabwärts bis zum Quellhorizont gebaut werden mussten, um ein Wasserreservoir von 150 m Länge und 60 m Breite zu sichern . Bereits seit Jahrzehnten hatten Archäologen bereits am Glauberg nach Spuren der Kelten gesucht, aber erst bei einem Erkundungsflug im Jahr 1988 wurden am Südhang des Glaubergs  in einem Getreidefeld die Spuren eines riesigen Grabhügels entdeckt. Ein durch geophysikalische Messungen lokalisierter zweiter Grabhügel konnte später entdeckt werden. Da beide Erhebungen eingeebnet waren, konnte man sie vom Boden aus nicht erkennen. Nachdem das Landesamt für Denkmalpflege Hessen in den Jahren 1994 und 1997  Ausgrabungen durchgeführt hatte, konnte die Grabanlage rekonstruiert und der Öffentlichkeit zur Besichtigung geöffnet werden. Das für rund 9 Millionen vom Land Hessen errichtete Museum (Foto links) wurde am 5. Mai 2011 eröffnet.


Das Bild zeigt einen Teil der Beerdingungszeremonie mit dem Verstorbenen und den Grabbeigaben (Foto links). Am Fuß des großen Grabhügels wurden die Löcher für 16 Holzpfosten (Foto rechts) gefunden, deren einstige Funktion nicht bekannt ist. Vom Frankfurter Professor für Astrophysik, Bruno Deiss, aufgestellten Theorie zufolge handelt es sich um ein keltisches Kalenderbauwerk, das zur astronomischen Bestimmung von Feiertagen verwendet wurde. Eine mögliche Rekonstruktion dieses Kalenderbauwerks wurde am 1. September 2007 eingeweiht. Die Thesen, nach denen das Kalenderbauwerk die Grundlage für für die überregionalen Bedeutung des Glaubergs in frühkeltischer Zeit gewesen sei, bzw. eine angeblich verkehrsgeographisch günstige Lage des Glaubergs entscheidend war sind höchst umstritten. Neueste archäologische Erkenntnisse besagen allerdings, dass die acht Meter höhen Pfähle nicht zur selben Zeit errichtet wurden. Das widerspricht nicht unbedingt der Theorie von Deiss. Nachweisen lässt sich die Funktion der Holzpfosten schon alleine deshalb nicht mehr, weil sich die Erde heute nicht mehr genau so bewege wie vor 2500 Jahren. Da die Kelten jedoch keine schriftlichen Überlieferungen hinterließen, sind die Wissenschaftler darauf angewiesen, über das zu mutmaßen, was ihnen die Erde an Relikten preisgibt. 


Bei den jüngsten Ausgrabungen im Umfeld des Glaubergs wurden konkrete Hinweise auf keltische Ansiedlungen gefunden. Einige erhaltene verfüllte Löcher, in denen einst die Hauspfosten standen, sind nicht die einzigen Überreste der Häuser. Das Flechtwerk zwischen den Pfosten war überwiegend verputzt. Gefundene Lehmstücke mit Abdrücken von Brettern sind ein Indiz dafür, dass es am Glauberg auch vollständig aus Holz erbaute Häuser gegeben hat. In einem der Grubenhäuser wurden Spuren einer Töpferei gefunden, was ein weiterer Beleg dafür ist, dass derartige Häuser auch als Handwerksplätze genutzt wurden. Vorräte wurden hingegen in bis zu 2,2 Meter tiefen "Kegelstumpfgruben" gelagert, die später zur Sammlung von Müll benutzt wurden. Der Nachbau eines Grubenhauses (im Foto links hinten) steht im Keltenmuseum Hochdorf in Baden-Würtemberg.


Die Bronzekanne aus dem Herrschergrab 1 (Foto links) ist ein besonderes Beispiel für die Kunstfertigkeit der Kelten, die durch ähnliche Gefäße aus dem Mittelmeeraum inspiriert wurde. Ein Mann mit kurzen Hosen, Untergewand und Kompositpanzer hockt im Schneidersitz auf dem Rand des Kannenoberteils. Panzerung und Lockenfrisur des Mannes gehen auf ebenso auf mediterrane Vorbilder zurück, wie die beiden mit scharfen Klauen bewehrten menschengesichtigen Sphingen, die offenbar eine keltische Interpretation des "Herrn der Tiere" verkörpern sollen. Kein ungewöhliches Ziermotiv einer keltischen Gürtelschnalle ist der Menschenkopf im Maul eines Ungeheuers (Rechts im Foto rechts).  Der Zweck der drei Hohlringe mit Kettchen und Bommeln konnte bisher noch nicht festgestellt werden.


Von den Pfeilen haben sich nur noch die eisernen Pfeilspitzen und Reste der Holzschäfte erhalten (Foto links). Zwei der im Fürstengrab 1 gefundenen, aus Eisenblech gefertigten Spitzen wurden tief in den geschlitzten Holzschaft geschoben. Dem gegenüber besitzt die dritte Pfeilspitze eine eine Tülle, die über den Eschenholzschaft gesteckt wurde. Während über die einstige Länge der Pfeile nur wenig gesagt werden kann, belegt ein in etwa 50 cm von der Spitze entfernt gefundenes Schaftstück mit Schnurwicklungen eine Mindestlänge von 0,5 Metern. Erhaltene Holzspuren deuten darauf hin, dass die Länge der Speere mindestens 1,75 Meter betrug. Die elastischen, aus Eschenholz gefertigten Speere (der Spitzen im Foto links unten zu sehen sind) hatten einen Schaftdurchmesser von knapp 2 cm und waren als Wurf- und Kampfwaffe geeignet. Die Eisenspitzen wurden lediglich aufgesteckt. Auch bei der einzigen Spitze mit einem Nietloch war auf einen Sicherungsstift verzichtet worden. Der Deckel der Röhrenkanne zeigt ein filigran gearbeitetes geflügeltes Fabelwesen (Foto rechts).


Diese Urnen, Deckschale und Leichenbrand stammen von Bestattungsareal "Enzheimer Wald", wo mehrere Generationen vor den Herrschergräbern ein kleiner eisenzeitlicher Friedhof eingerichtet worden war. Die Form dieser Keramikgefäße, die der Aufnahme der Totenasche dienten, findet sich auch in Siedlungen bei Vorratsgefäßen wieder. Das spätere Wallgraben-System wurde am einstigen Friedhof, offenbar als Respektsbekundung gegenüber den Verstorbenen von den nachgeborenen Siedlern des Glaubergs,  unterbrochen.



An der Röhrenkanne (Foto links), einem wahrem Schaustück des keltischen Metallhandwerks lassen sich mit abdrehen, biegen, bohren, feilen, gießen, glätten, graviere, klammern, löten, nageln, nieten, punzen, schmieden, schneiden, stauchen und treiben nahezu alle Techniken der Metallverarbeitung ablesen. Trotz der vielen Einzelteile, aus denen die Kanne zusammengefügt wurde, blieb sie dicht, was auch nach 2500 Jahren anhand von Ablagerungen ihres einstigen Inhaltes (Met), die bis in die Ausgusstülle reichen, belegt wird. Maßgeblich für ihre Dichtheit war der aus Eichenholz gefertigte Gefäßboden. Die etruskische Schnabelkanne (Foto rechts) die nachträglich von einem keltischen Künstler mit einem Ritzmuster verziert wurde, offenbart den Vorbildcharakter für keltische Artefakte dieser Art. Die Nachbildung des im Herrschergrab 1 beigesetzten Kriegers und seiner Grabbeigaben (Foto Mitte) .


Als längste Beigabe folgte dem auf einem Scheiterhaufen verbrannten Krieger das Schwert (Foto links) mit in sein Grab. Bei seiner Bergung aus dem Herrschergrab 2 steckte es noch immer in seiner reich verzierten Scheide aus Bronze- und Eisenblech. Merkwürdigerweise fanden sich zwar die Reste einer Stoffwicklung, jedoch keinerlei Hinweise auf einen Holzgriff. Das Fehlen einer Griffhülse ist umso merkwürdiger, weil die Griffangel mit dem Knauf vernietet ist. Bei den unscheinbaren Gegenständen handelt es sich um die Überreste einer Kopfbedeckung, die zur Rechten des Bestatteten gefunden wurde. Als erster realer Nachweis einer "Blattkrone", wie sie bisher nur von keltischen Bildnissen her bekannt war, zu sie zu den bedeutendsten Fundstücken. Als Zeichen priesterlicher Macht interpretiert, wurde sie aus einem mit Stoff umwickelten Draht geformt, der an einem Pappelholzring befestigt war. Diese, ein Blatt (Mistelblatt?) formende Konstruktion wurde mit einer Lederhülle überzogen und mit organischen material ausgestopft.


Von drei weitere unvollständigen Sandsteinstatuen wurden insgesamt 130 Bruchstücke gefunden. Die Fragmente stammen aus dem nordwestlichen Bereich des großen Grabhügels, wo auch die nahezu vollständige Statue gefunden wurde. Es wird vermutet, dass alle vier Bildnisse ein weitgehend identisches Aussehen besaßen, wobei die Farbe des verwendeten Sandsteins jedoch variiert. Die an den den Statuen angebrachten Gegenstände weisen mit Blattkappe, Ringschmuck Schwert und Schild Parallelen zu den gefundenen Grabbeigaben auf. Möglicherweise stammt der Sandstein aus der Region. Es kann jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob, wo und wie lange die Statuen einst zusammen aufgestellt waren. Ebenso können die Fragen, warum die Statuen zerschlagen wurden und was mit den heute fehlenden Fragmente geschehen ist, noch nicht beantwortet werden.
 

Das Schwert zeichnet den Bestatteten als Krieger aus (Foto links). Die Waffe wurde in ihrer Scheide steckend neben dem rechten Arm des Verstorbenen abgelegt. Die reichen Zierelemente deuten daraufhin, dass sich die Funktion nicht nur auf die einer Kampfwaffe beschränkte. Der hölzerne Griff und der die beiden gravierten Scheidenschalen verbindende Rahmen betonen  ihre repräsentativen Zwecke. Die Einlagen der beiden Schalen sind mit roter Koralle verziert, deren nächstes Vorkommen im Mittelmeerraum zu finden ist. Der auf dem Bestatteten niedergelegte Schild aus dem Herrschergrab 1 stellt die größte Grabbeigabe dar (Foto rechts). Neben den Beschlagteilen aus Eisen konnten die Restauratoren Spuren eines Schildkörpers aus Lindenholz, der auf beiden Seiten mit Rinderhaut bespannt war, feststellen. Eine quer über eine Öffnung im Holzschild genietete Schildfessel diente als Haltegriff.


Darstellungen von Menschen sind im Mitteleuropa der Eisenzeit selten. Die wenigen in Bronze und Ton geritzten Figuren, stilisierte Statuetten, steinerne Pfeiler mit humanoiden Zügen und große Skulpturen stehen oft mit einem Zusammenhang mit einem Totenkult. Ob die Statuen Menschen, Ahnen oder gar Götter darstellen, ist nicht geklärt. Vorbilder finden sich bei griechischen Grabstatuen, aber auch bei Skulpturen aus Italien und Südfrankreich. So gibt es auch über die Gestaltung der Beine oder eine ganz bestimmte Armhaltung hinaus, weitere Ähnlichkeiten zwischen keltischen und südeuropäischen Skulpturen. Die Kelten ließen sich offenbar von fremden Kulturen anregen, um dann ihre eigene Bildersprache zu kreieren. Heute ist es schwierig die Bildersprache zu entziffern. Möglicherweise dienten die Statuen der Erinnerung an einen Verstorbenen, der zu einer überirdischen Gestalt oder zum Ahnen vergöttlicht wurde. Von der Kriegerstatue 2 wurden insgesamt 118 Fragmente gefunden, von denen 42 Bearbeitungsspuren aufweisen.



Der Fund des „Keltenfürsten vom Glauberg“ (Foto Mitte) aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert ist bislang der bedeutendste Fund aus der Latènekultur in Hessen. Die beiden Fotos links und rechts zeigen Details von der Rückseite der Stele.


Die Karte zeigt Wanderungen, Landnahmen und Einfluss der Kelten bis ins 1. vorchristliche Jahrhundert. Sowohl auf der Seite "Keltenjahr 2012" als auch zur großen Ausstellung "Die Welt der Kelten" in Stuttgart  lassen sich Flyer downloaden.Hierzu das entsprechende Logo anklicken.


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