• Letzte Aktualisierung: 20.10.2006   

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Geschichte - Special



zum Ridley Scott Film:


Königreich der Himmel

- Kingdom of Heaven -

Der Anlass der Medienschelte im Vorfeld wegen religiöser Hetze ist unbegründet. Trotz oder gerade wegen der gezeigten Gewaltätigkeiten (auch zwischen Christen untereinander), ist der Film eine klare Absage an Kreuzzüge und religiösen Fanatismus jeglicher Art und ein Appell zu Frieden und Toleranz.
Salem - Shalom - Frieden ! Nur hierfür gebe ich den einen Stern!

Ein Stern

Dafür sind - in der deutschen Kinofassung- zu viele Details falsch oder wurden gänzlich unterschlagen. (Auch die avisierte, um über 60 Minuten längere DVD-Fassung lässt wohl diesbezüglich keine Korrekturen, sondern eher weitere Ärgernisse erwarten.) Ridley Scotts hat eine historische Chance unnötigerweise verschleudert, da sein monumentaler Film zu einem pseudohistorischen Machwerk und Ärgernis geraten ist, das nicht empfohlen werden kann!
Die Mängelliste des Films, die ich vornehmlich anhand der historischen Protagonisten zusammengestellt habe, gibt nur seine gröbsten Schnitzer an und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Filmkritik & was historisch wirklich geschah

Balian d` Ibelin

Balian d` IbelinEntgegen dem Film war er ein im Königreich Jerusalem ansässiger, verheirateter Baron.
Saladin (Salah-ad-din) wurde während der Kämpfhandlungen von Balian um sicheres Geleit gebeten, damit er seine Frau aus dem belagerten Jerusalem herausholen und eskortieren konnte. Unter der Bedingung, dass Balian sich dazu nur für eine Nacht in Jerusalem aufhalten wird, gewährte der Sultan ihm seine Bitte. Als die Jerusalemer Bevölkerung Balian anflehte, die Verteidigung der Stadt zu übernehmen, ersuchte er Saladin darum, ihn von seinem Eid zu entbinden. Obwohl Saladin sich dadurch selbst militärisch schadete, entband er Balian von dessen Versprechen und sorgte dafür, dass dessen Ehefrau und Familie sicher nach Tyrus gelangten.
Anders als im Film erfolgte seine Verteidigung der Stadt nicht auf königlichen Befehl.





Guy de Lusignan

Guy de LusignanDer im Film erweckte Anschein, dass dieser Adlige ein Tempelritter (Mönch!) war, ist falsch. Das Zölibat hätte ihm die Heirat verboten. Er war zwar durch die Heirat mit Sibylle (1186) König geworden und bei der Schlacht an den "Hörnern von Hattin" (4. Juli 1187) der formelle Oberbefehlshaber. In Wirklichkeit war er jedoch eine schwache, leicht beeinflussbare Gestalt, die von der "Falkenpartei" instrumentalisiert wurde. Nach Hattin musste er für seine Freilassung Besatzung von Askalon auffordern, die Burg an Saladin zu übergeben. Sein Bruder Amalrich von Lusignan war Connectable des Königreiches Jerusalem. Nachdem Sibylle und beide gemeinsame Töchter einer Seuche zum Opfer gefallen waren, war Guidos Legitimation als König von Jerusalem beendet (1190). Als Ersatz erhielt er mit der Protektion Richard I. "Löwenherz" die Krone Zyperns.

Reynald de Châtillon

Er kam bereits 1153 im Zuge des 2. Kreuzzuges mit dem französischen König VII. ins Königreich Jerusalem. Der Abenteurer, der im Film realistisch als beutegierig und kriegstreibend dargestellt wird, heiratete Constanze von Antiochia. Lange Jahre in moslemischen Kerkern machten in, anders als bei seinem Widersacher Raimund, zum erbitterten Feind der Sarazenen. Durch seine zweite Ehefrau, Prinzessin Stephanie von Outre Jourdain wurde er Herrscher von Transjordanien und erlangte starken politischen Einfluss im Königreich. Entgegen der filmischen Darstellung wurde seine Burg „Kerak“ (Krak des Moabites) jedoch nicht von Saladin belagert. Die Trinkszene nach der Schlacht von Hattin, bei der König Guido den Becher an Reynald weitergab, der daraufhin von Saladin persönlich getötet wurde, ist eine der wenigen Filmsequenzen, die im großen und ganzen mit den historischen Überlieferungen übereinstimmen. Ob sich an Châtillons Überfällen Tempelritter beteiligten, ist jedoch mehr als fragwürdig.

Raymond III.

Raymond III.Bei dem im Film als "Tiberias" bezeichneten Adligen handelt es sich offenbar um Raymond III., den Grafen von Tripolis und Tiberias.
Der Johanniterorden, der auf Verständigung mit den islamischen Nachbarn aus war, hatte ihn 1174 aus langjähriger moslemischer Kerkerhaft freigekauft.
Als Sprecher der alteingesessenen Adligen, die mit ihren moslemischen Nachbar in Frieden leben wollten ("Tauben") war er vom leprösen König Balduin IV. als Regent eingesetzt worden. Diese Funktion nahm er auch noch nach dem Tode des leprakranken Königs (1185) für dessen minderjährigen Neffen Balduin V. (Sohn Sibylles aus erster Ehe mit Guillaume de Montferrat) wahr, bis dieser 1186 starb.

Balduin IV.

Balduin IV.Bereits als 13-jähriger folgte er seinem Vater Amalrich I. (der ein Bündnis mit den Assassinen eingegangen war) im Jahre 1174 auf den Jerusalemer Königsthron.
Er hatte zwei (!) Schwestern: Sibylle und Isabella. Nach seinem Testament sollte Raymond von Tripolis Regent des Reiches sein, bis sich der Papst, der deutsche Kaiser und die Könige von Frankreich und England auf einen neuen Herrscher geeinigt hätten.
Der bereits im Alter von 24 Jahren an Lepra gestorbene Monarch wurde zum Urbild des siechen Königs Amfortas in Wolfram von Eschenbachs Gralsepos.


Sybille

SybilleDie filmische Darstellung als orientalische Prinzessin mag in Ordnung gehen. Bemerkenswert ist auch, dass gerade sie, anders als die moslemischen Sarazenen, Jerusalem mit seinem arabischen Namen "Al-Kuz" bezeichnet. Obwohl sie durchaus von der kriegstreiberischen Falkenpartei um Reynald de Châtillon, Rindefort und Heraclius benutzt, und durch einen Staatsstreich zur Königin gekrönt wurde ist ihre Darstellung im Film insgesamt misslungen, denn so edel war sie garantiert nicht. In Abwesenheit Raymonds von Tripolis wurde der Großmeister der Johanniter Roger des Moulins (fiel Anfang Mai 1187 an den Quellen von Cresson) zur Herausgabe eines der drei Schlüssel (Ridefort und Heraclius waren im Besitz der beiden anderen) für die Truhe mit den Krönungsinsignien erpresst. Ridefort hatte damit sein Wort gebrochen, dass er dem sterbenden Balduin IV. gegeben hatte.

Heraclius

Man könnte sich den Patriarchen so vorstellen wie im Film. Es fehlt jedoch sein zügelloser Umgang mit dem weiblichen Geschlecht.



Die folgenden wichtigen Personen fehlen im Film:

Gerard de Ridefort

mithras beauseantDurch das Fehlen des Großmeisters des Templerordens, der (!) maßgeblichen historischer Gestalt wird der ganze Film geradewegs zu Nonsenses. Ebenso ist vom bedeutenden Antagonismus der beiden großen Ritterorden und ihrer Parteien der "Falken" und "Tauben" nichts zu spüren. Die geistlichen Ritterorden unterstanden nur dem Papst. Die Ordengroßmeister waren als Souveräne einem fürstlichen Staatsoberhaupt gleichgestellt und übten eine eigene Gerichtsbarkeit über die Ordensangehörigen aus. Gerard de Ridefort hätte seine Templer für Taten wie sie im Film geschildert werden, niemals hinrichten lassen. Die im Film gezeigten Exekutionen von adligen Tempelrittern durch Hängen sind daher barer Unsinn. Die Templer unterstützten zwar als "Falken" die aggressive Politik Châtillons, eine Teilnahme an dessen Beutezügen und dem gleichzeitigen Bruch des Waffenstillstandes ist jedoch recht fraglich. Während sämtliche Ordensritter nach der Schlacht von Hattin nur die Wahl hatten dem Christentum abzuschwören oder lebendig gehäutet zu werden, kam Ridefort ungeschoren davon (Über diese wichtigen Aspekte schweigt der Film!).
Über die Gründe und Saladins Motive wird noch heute viel spekuliert......

Garnier de Naplous

JohanniterordenDer Großmeister des Johanniterordens (Hospitaliter) fehlt im Film ebenso wie sein Vorgänger Roger des Moulins . Mit Ausnahme des in einem schwarzen Habit mit weißem Kreuz gekleideten Johanniters, der die Verwundung des Film-Balians behandelt und gleichartigen Bannern am Hof von Jerusalem kriegt man von dem wichtigen Orden nichts mit.

Isabella

Nach dem Staatsstreich der Falken schlug Raimund von Tripolis vor, Isabella (die im Film noch nicht mal erwähnt wird) zur Gegenkönigin krönen zu lassen. Da ihr erster Gatte, Onfroi von Toron, jedoch als einer der ersten König Guido den Lehenseid leistete war diese Option verspielt. Nach dem Tod ihrer Schwester Sibylle und deren zwei Töchter wurde Isabella als Thronerbin zur Trennung von ihrem ersten Ehemann gezwungen. Sie musste Konrad von Montferrat ehelichen, der zum König (1190) gekrönt wurde.1190 –1192 Nach seiner Ermordung durch die Assassinen musste die schwangere Witwe erneut, diesmal Henry de Champagne (König 1192 – 1197), danach in 4. Ehe noch ihren Schwager Almarich II. De Lusignan, (1197), bis sie dann 1205 für kurze Zeit als Königin Isabella I. allein regieren durfte.

Weitere gravierende Fehler:



Hierbei geht es wie bei Kraut und Rüben drunter und drüber.
Templerkreuze (Tatzenkreuze) werden mit "normalen" roten Kreuzen verwechselt
und umgekehrt. Das achtspitzige weiße Johanniterkreuz mutiert zum einem Phantasiekreuz mit nach oben gebogenen Seitenarmen (Algiz-Rune). Der Deutsche Orden, der als Abzeichen ein schwarzes Kreuz trug, war um diese Zeit noch nicht gegründet. Das rote Kriegshabit (mit weißem Kreuz) der Johanniter fehlt gänzlich. Ebenso ist trotz massiver Templerpräsenz kein einziger (schwarz-weißer) Beauseant zu erkennen. Ein Killerkommando der Templer trägt jedoch unhistorische, rote Schwertkreuze auf der weißen Clamys. Das Jerusalemkreuz (vierfaches T-Kreuz mit 4 kleineren griechischen Kreuzen) ist lediglich in der roten Form und auf weißem Grund korrekt dargestellt. Sollten die farblich rot-weiß geteilten Umhänge mit einem weißen (!) Tatzenkreuz auf der rechten, und rotem auf der linken Körperhälfte gar einem, um über 100 Jahre vorweggenommenen Wunsch Phillips IV. zur Vereinigung der Templer und Johanniter entsprungen sein?




Hohe, schneebedeckte Berge in Palästina , zwischen dem 4. Juli (Hattin) und dem 2. Oktober (Kapitulation Jerusalems)
sind nicht nur klimatisch unmöglich.



Ein Jerusalem im Jahre 1187 mit runden (türkisch-osmanischen) Minaretten ist anachronistisch,
ebenso wie die Topographie der Stadt und des Tempelberges nicht den damaligen Gegebenheiten entsprechen.