6
  • Letzte Aktualisierung: 05.11.2012

  • Besucher bisher: kostenloser counter


timediver® Logo



Kalabrien

Provincia di Reggio Calabria



     



Der Name des Nahe an der Ionischen Küste gelegenen Ortes Stilo leitet sich von dem griechischen Wort für Säule (stylos) ab. Er geht auf die säulenförmige Anhöhe zurück, auf der die byzantinische Siedlung errichtet wurde. Dem bedeutendsten Sohn der Stadt, Tommaso Campanella (1568 – 1639) wurde auf der Piazza Luigi Carnovale ein Denkmal gesetzt. Ihm verdankt der Ort den Beinamen La città del Sole. Der Philosoph, Dominikaner, Dichter und Politiker hatte im Jahre 1602 sein Werk „Civitas solis“ (Der Sonnenstaat) veröffentlicht. Diese Utopie sah ein Gemeinwesens mit Zügen der spanischen Universalmonarchie, des Katholizismus, des Sozialismus ohne Privateigentum und Aspekten der platonischen Staatsphilosophie, wie z. B. eine  Weibergemeinschaft und Herrschaft der Wissenden vor.
 
 
Nachdem vor Ponto Stilo bereits im Jahre 880 eine Seeschlacht zwischen einer arabischen und byzantinischen Flotte stattgefunden hatte, kam es dort am 9. Juli 1940 zu einen erneuten navalen Waffengang mit unentschiedenem Ausgang zwischen einer italienischen und britisch-australischen Flotte. Die beeindruckenste Sehenswürdigkeit wurde jedoch oberhalb von Stilo erbaut. La Cattolica wird die einstige Hauptkirche einer Basilianer-Eremitei genannt. Ihr Name leitet sich von der griechischen Bezeichnung Katholikón/ Καθολικον (das Allgemeine) ab, mit dem die Hauptkirchen orthodoxer Klöster bezeichnet werden.


Über den Zeitpunkt an dem dieses Juwel byzantinischer Kirchenbaukunst errichtet worden sein soll wird heftig gestritten. Manche datieren ihn bereits in 9. , andere wiederum erst ins 12. Jahrhundert. Gleichmäßig über die quadratische Dachfläche dieser Kreuzkuppelkirche verteilt, recken sich fünf runde Tamboure empor, unter denen sich fünf Kuppeln verbergen; vier an den Ecken, sowie eine höhere in der Mitte. Das Streben nach Gleichheit der einzelnen Elemente, dass die äußere Architektur bestimmt (so der Historiker Carl Arnold Willemsen; 1902 - 1986), setzt sich auch im Inneren fort....


...dort bilden vier Säulen drei Schiffe auf neun gleichgroßen Bodenquadraten. Über den mittleren und denen in den vier Ecken erheben sich halbkugelförmige Kuppelchen, die alle denselben Durchmesser vorweisen. Die anderen vier Quadrate werden von Tonnengewölben überspannt. Einige Fresken sind mehr oder weniger gut erhalten. In der Mittelapsis sieht man an der rechten Seite die Darstellung des Hl. Chrysostomus. Jede Seite des quadratischen Grundrisses der Kirche misst innen 6,19 Meter, außen 7,52 Meter, die drei gleichgroßen halbkreisförmigen Apsiden nicht mitgerechnet.


Nach einem beschwerlichen, fast einstündigen Aufstieg (Foto links) erreicht man das oberhalb der Kirche auf dem 701 Meter hohen Monte Consolino erbaute Castello Normanno (Foto rechts). Das byzantinische Stilo hatte dank seiner starken Mauern den normannischen Eroberern zwischen 1065 und 1071 sechs Jahre Widerstand leisten können.. Nach der Eroberung wurde es Kronbesitz zur dessen Sicherung die Burg errichtet wurde. Die Bewohner durften jedoch bis 1096 den byzantinischen Ritus ihrer Gottesdienste beibehalten. Später stand Stilo fest auf der Seite der Staufer und weigerte sich hartnäckig die Herrschaft der Anjou anzuerkennen.


Der Duomo  Dell'Assunta (Mariä Himmelfahrt) in Gerace ist der größte Kirchenbau Kalabriens und kulturhistorisch von enormer Bedeutung, da er die Kontinuität zwischen dem antiken Lokroi und den mittelalterlichen Gerace bewahrt hat. Für den Bau dieser romanischen Marienkirche wurden größtenteils die Säulen und Kapitelle aus den heidnischen Tempeln von Lokroi verwendet. Unter byzantinischer Herrschaft wurde das Gotteshaus erstmals im Jahre 1045 geweiht, die normannischen Umbauarbeiten wurden jedoch erst um 1100 vollendet.  Nach zahlreichen Erdbeben wurde die beschädigte Kathedrale wieder hergestellt und 1222 erneut geweiht. Weitere Reparaturen erfolgten nach dem Erdbeben von 1783. Die Ostfassade des Doms mit der südlichen und mittleren Apsis (Foto links) und ein Blick in die entgegengesetzte Richtung im Inneren (Foto rechts).


Der Eingang an der Westfassade (Foto links). Im Untergeschoss des Doms befindet sich die teilweise in den Fels gehauene Krypta , die fast den gesamten Raum unter dem Querhaus und dem Chor einnimmt. Bereits im 8. Jahrhundert war an dieser Stelle eine Höhlenkirche vorhanden gewesen, die später zum baulichen Ausgangspunkt für das 1045 fertiggestellte byzantinische Oratorium werden sollte, welches in der Form eines griechischen Kreuzes erbaut wurde. Die in der Krypta befindliche Capella dell'Itria (Foto rechts) wurde im klassizistischen Stil  ausgekleidet. Beachtenswert ist die Altarstatue der Jungfrau mit dem Kinde aus dem 14. jahrhundert, welche die byzantinische Ikone der Odigitria abgelöst hatte.


Schräg gegenüber vom Dom befindet sich der Eingang zu einem kleinen lokalen Museum (Foto links). Das arabisch-normannische Portal mit Zickzackbändern (Foto rechts) schmückt die Kirche des Konvents San Francesco d'Assisi , der um 127 von daniel Fasanella, einem Gefährten des Hl. Franziskus , gegründet worden sein soll. Beim Erdbeben 1783 schwer beschädigt, diente das einstige Minoritenkloster später als  Gefängnis.



Die unmittelbar an die südöstliche Ecke des Domes angebaute Porta del Sole sowie drei weitere Portale sind die einzigen, die von den ursprünglich zwölf, im 17. Jahrhundert errichteten übrig geblieben sind.


An der höchsten Stelle von Gerace, von dem aus sich ein toller Panoramablick bietet, steht die Ruine der bereits von den Byzantinern begonnenen, danach von den Normannen erweiterten und verstärkten Burg.   Videoclip


Im Mittelalter gelangte man über eine heute nicht mehr vorhandene Zugbrücke in das Kastell. Erhalten geblieben sind lediglich ein starker Rundturm und die Mauern, die im 15:/16 Jahrhundert erneuert wurden (Foto rechts).


In der Abgeschiedenheit des Aspromonte (rauher Berg) konnte trotz der Einflüsse der Römer, Normannen, Staufer und Anjou die griechische Kultur überlebenden. Im Laufe der zeit hat sich bei der griechischstämmigen Bevölkerung Kalabriens, die ihre Messen noch nach dem orthodoxen Ritus feiert, der grekanische Dialekt (Grecanico) herausgebildet. Der Name des Bergdorfes Pentedatillo geht auf die griechische Bezeichnung pente daktylos (fünf Finger) zurück, weil der sich über dem Dorf erhebende Felsen einer Hand gleicht.


Die unter der bedrohlich und schützend zugleich in den Himmel ragenden Felswand erbauten wurden dem Verfall anheim gegeben....



...nachdem die seine Bewohner Mitte der 1960er Jahre wegen angeblicher Erdbebengefahr umgesiedelt worden waren. Die heutige Geisterstadt (Foto rechts) wurde jedoch bisher von keinem einzigen Erdstoss erschüttert. In der verwaisten Kirche erinnerte das Famlienwappen an die Sippe der Alberti der Nacht des 16. April 1686 in Pentedatillo regelrecht hingeschlachtet (La strage degli Alberti)  wurde. Die Ruinen der einsigen Burg (Foto links).


Das Mueseo Archeologico Nazionale della Magna Grecia von Reggio di Calabria (Foto links) zählt zu den großen Antikenmuseen Italiens. An seiner Fassade sind zwischen zwei Fensterreihen die Symbole und Namen der wichtigsten Ausgrabungs- und Fundorte Kalabriens angebracht, wie z. b. von Sybaris . Leider ist das Museum derzeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen und eine Wiedereröffnung noch nicht absehbar.


Gegenüber des Museums wurde dem aus Reggio stammenden Politiker Giuseppe De Nava (1858 - 1924) ein Denkmal gesetzt. Von 1916 an hatte De Nava verschiedene Ministerämter unter nachfolgenden Regierungen inne. Als Vertreter der Exekutive nahm er an der Friedenskonferenz in Paris und anderen internationalen Konferenzen teil. 1922, am Vorabend der Ankunft des Faschismus beauftragte ihn König Vittorio Emanuele III  eine Regierung zu bilden. Angesichts der unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Parteien, entschied sich De Nava jedoch zum Rücktritt. 



Während der Renovierungszeit des Museums wurden die beiden aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert stammenden Bronzekrieger aus Riace (Foto links und rechts) im Regierungsgebäude Palazzo Tommaso Campanella untergebracht. Die sowohl in künstlerischer als auch technischer Hinsicht wahren meisterwerke verkörpern in prototypischer Weise das Schönheitsideal des antiken Griechenlands. Hinter einer großen Glasscheibe waren sie im Regierungsgebäude ebenfalls für Restaurationsarbeiten waagrecht abgelegt worden. Sie unterliegen einem strengsten Fotografierverbot . Als man mich darauf aufmerksam machte, dass dies für sämtliche Exponate gelte, hatte ich den zwischen 520 und 485 v. Chr. geschaffenen Kouros von Reggio (Foto Mitte) bereits abgelichtet.


Der unter einem markenten Felsen (Foto links) liegende Ort Scilla, das antike Scyllaeum wurde dem Meeresungeheuer Skylla aus der Odyssee (Foto rechts) benannt. Der sage nach sei Scylla einst ein schönes Mädchen gewesen sein, in das sich der Meeresgott  Glaukos verliebte. Die eifersüchtige Zauberin Circe habe daraufhin die Stelle im Meer vergiftet, an der Skylla gerne badete. Als diese wieder dem Wasser entstieg, wuchsen ihr aus dem Unterleib sechs Hundeköpfe und zwölf Hundefüße. Um das ihr angetane Unrecht zu rächen sei Skylla nun zu einer wilden Bestie geworden. Mit ihren Fangarmen habe sie sich vor allem unvorsichtige Seefahrer gegriffen und gefressen. Homers Epos berichtet, dass sie sechs Gefährten des Odysseus verschlungen habe.


Im Jahr 42 v. Chr. fand vor Scyllaeum eine Seeschlacht zwischen Octavian, dem späteren Kaiser Augustus, und Sextus Pompeius, dem Sohn des großen Pompeius, statt. Beim Erdbeben von 1783 wurde der Ort teilweise zerstört. Das auf dem Felsen thronende Castello Ruffo trägt den Namen einer der ältesten Familien Europas, die von 1543 bis 1806 über Scilla herrschte. Seit dem  9. Jahrhundert stand auf dem Felsen ein Basilianerkloster, welches im 13. Jahrhundert von Pietro Ruffo als Festung ausgebaut wurde. Nach dem Erdbeben von 1908 wurde das Kastell wieder hergestellt.


Die engste Stelle der Straße von Messina befindet sich an ihrem nördlichen Eingang. Die Landzunge der sizilianischen Stadt Messina scheint zum Greifen nahe (Foto links). Dort, gegenüber von Skylla soll nach Homer das Meeresungeheuer Charybdis gehaust haben, ein Strudel der alle Schiffe verschwinden ließ. Charybdis soll eine Tochter des Meeresgottes Poseidon und der Erdgöttin Gaia gewesen sein. Nachdem sie  als gefräßiges Weib die Rinder des Herakles geraubt habe, sei sie von Göttervater Zeus mit einem Blitz ins  ins Meer verbannt wurde, wo sie ihre Gefräßigkeit allerdings beibehielt. Tatsächlich entsteht aufgrund der größeren Dichte des Ionischen Meeres gegenüber dem Tyrrhenischen Meer in der Straße von Messina in südlicher Richtung eine beachtliche Strömung.  Ab einer Tiefe von etwa 30 Metern herrscht eine Strömung die derjenigen an der Oberfläche entgegengesetzt ist.  Sie ändert alle 6 Stunden ihre Richtung, wobei die Strömung nach Süden immer ein wenig stärker ist als die nach Norden. Die Strömung ist jedoch derart stark, das man sie in einem Kraftwerk zur Stromerzeugung nutzt. Mit der Fähre dauer die Überfahrt nach Messina ca. 40 Minuten. Es bleibt nur zu hoffen, dass  die unter Berlusconi beschlossene 3666 Meter lange Hängebrücke mit ihrer Turmhöhe von 382,60 Metern niemals gebaut wird. Denn das nach Schätzungen 8,5 Milliarden Euro teure Prestigeprojekt ist nicht nur unwirtschaftlich, es birgt auch eine Unzahl von Unwägbarkeiten und Gefahren.   

timediver®'s Rezensionen & Empfehlungen