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Der Schriftsteller
Prosper Mérimée (1803 - 1870) bezeichnete
die auf einem 305 Meter hohen Felsporn erbaute Stadt Sartè
(französisch: Sartène) als
"die korsischte aller Städte". Eine hohe
Zahl von Fällen vollzogener Blutrache im 18. und 19. Jahrhundert brachte
Sartè auch den zweifelhaften
Titel "Hauptstadt der Vendetta" ein.
Blutige Konflikte zwischen einzelnen Familien, aber auch zwischen Bewohnern
des Altstadtviertels Santa Anna und dem ärmeren Borgo kosteten mehrere
Hundert Menschen das Leben. Die Entstehung dieser Form der Selbstjustiz
liegt zwar im Dunkeln, das Fehlen einer funktionierenden Gemeindeverwaltung
und ordentlichen Gerichtsbarkeit haben sie jedoch begünstigt. An deren
Stelle trat in der Abgeschiedenheit der Bergdörfer die Bedeutung der
eigenen Familie und Sippe, deren Ehrenverletzung
nicht so leicht hingenommen werden konnte. Manchmal reichte hierzu nur
der Diebstahl eines einzigen Hahns oder das versehentliche Erschießen
eines wilden Hausschweins des Nachbarn, um einen Vendetta-Kreislauf in
Fahrt zu setzten. Der Vendettamörder floh in die Macchia
und wurde dort zu einem Banditen, der mit seinen Schicksalsgenossen
die Reichen überfiel und ausplünderte. Bandit ist auf Korsika
ein durchaus ehrbarer Titel, weil derjenige der so bezeichnet wird die
Ehre seiner Familie verteidigt hat. Die Rolle der Frauen beschränkte
sich dagegen darauf nach einem Vendetta-Mord symbolisch Rache zu schwören
und dafür die Familie in die Pflicht zu nehmen. Einen guten
Einblicke in jene Abläufe vermittelt die Novelle "Columba"
von Prosper Mérimée aus dem Jahre 1840, die in deutscher
Übersetzung als
Reclamheft
erhältlich ist. Bis zum beginnenden 20.
Jahrhundert war die Vendetta keine gelegentliche Erscheinung in den korsischen
Dörfern, sondern die Regel. Vom 16. bis 19. Jahrhundert sind auf
Korsika mehr Menschen der Vendetta zum Opfer gefallen, als durch
die unzähligen kriegerischen Auseinandersetzungen. So wurden die turmartigen
Wohnanlagen auch nicht zum Schutz vor Sarazenenüberfällen befestigt,
sondern zum Schutz vor feindlichen Sippen.
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Die Legislative der von
Pasquale Paoli (Foto links) geschaffenen
Repubblica Corsa (1755 - 1769) trat der Vendetta entschieden entgegen, indem
sie für Vendettamörder die Todesstrafe
und auch für andere Beteiligte den
Abriss ihrer Häuser androhte. Obwohl Paoli im Kampf
gegen die Franzosen jeden Mann brauchte, lehnte er die Unterstützung
durch Banditen ab. Oberhalb der Altstadt befindet sich das sehenswerte
Musée Départmental de Préhistoire
et d'Archéologie Corse (Foto rechts), in dem eine
Vielzahl von Exponaten zu sehen ist, die als Grabbeigaben an verschiedenen
prähistorischen Fundstellen im Süden Korsikas dienten. Die meisten
der Ausstellungsstücke stammen daher aus dem Sartenais.
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Obsidianklingen
die Schneidewerkzweuge des Neolithikums sind ein messerscharfes vulkanisches
Gesteinsglas (Foto links). Neolithisches Gerätschaften
(Foto rechts): Rollenförmige Statuette (1), Dekorierte Spindel
(2), Dekorierter Anhänger (3), Griff und Teilstück eines
Steingefäßes (4).
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Bronzezeitliche
Bandkeramikscherben unterschiedlichen Musterungen (Foto links). Aus
römischer Zeit stammen diese
drei, aus Knochen gefertigte Teile (rechtes Foto): Schrankverzierung (1),
Kammstiel (2) und Deckel (3) wurden an der Site de Castello in
Corti gefunden.
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Die von Pisanern und Genuesen
rings um die Insel (Foto links) errichteten Wachtürme bildeten
zusammen als Torregiana ein Frühwarnsystem vor den Sarazenenüberfallen
. Entgegen dem hier abgebildeten Modell (Foto rechts) waren die meisten
Wachtürme, fälschlicherweise auch Sarazenentürme genannt
von Runder Form. Von den einstigen 67 Wachtürmen sind heute noch
67 intakt.
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1583
fiel Sarté trotz ihrer Befestigungen einer Razzia des christlichen
Renegaten und osmanischen Paschas von Algier, Hasan Veneziano
, zum Opfer. Die Stadt wurde geplündert und gebrandschatzt.
Mehr als 400 Einwohner, vornehmlich Frauen und Kinder,
wurden aus Sarté verschleppt und auf den Sklavenmärkten Nordafrikas
verkauft.
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Im kleinen Ort
Carbini steht die Kirche von San
Giovanni Battista, die im späten 11. Jahrhundert
von den Pisanern im romanischen Stil errichtet wurde, und ab 1350 mit
der unmittelbar daneben stehenden Kirche San Quilicio
1350 der Sekte
(gelle Siggi!) der Giovannali als
Versammlungsort diente. Von der 1363 zerstören Kirche San Quilicio
sind heute nur dnochie Grundmauern vorhanden (Foto rechts). Der einst
beiden Kirchen dienende dreistöckige Campanile
(Foto links) hatte ursprünglich sieben Stockwerke. Obgleich die
Ghjuvannali/Giovannali keine nachweislichen Kontakte ins
Languedoc hatten, wurden sie auch als
„korsische Katharer“
bezeichnet. Die Bruderschaft wurde vielmehr von
einem im Alta Rocca geborenen Franziskaner-Dissidenten gegründet.
Unter der Führung von Giovanni Martini
folgten die Anhänger einer noch strengeren sozialen und religiösen
Lehre, die auf Armut und Hingabe beruht. Persönliches Eigentum gab
es nicht, alles gehörte der Gemeinschaft, die Bußen und Handlungen
der Kasteiung verhängte. Während sie sich für
Demut, Einfachheit, Armut, Gewaltlosigkeit und die Gleichberechtigung von
Mann und Frau aussprach, lehnte die Bruderschaft
das Sakrament der Ehe ab weigerten diesem
zusätzlich zu seinen Privilegien und für seine Willkürherrschaft
auch noch Steuern zu zahlen. Im Jahr 1352 wurden
sie daher vom Bischof von Aleria als "Ketzer" exkommuniziert. Mit ihrem Appell
an den Erzbischof von Pisa erreichten die Ghjuvannali zunächst eine
Aufhebung der Exkommunikation. |
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Während sie aufgrund
ihrer Spiritualität überall auf Korsika ganz im Sinne Johannes
des Täufers (Foto links) und Jesus Christus (Foto rechts) an religiöser
und sozialer Bedeutung gewinnen konnten, lehnten sie die kirchliche Hierarchie
und Autorität ab, weil diese der christlichen Botschaft entgegensteht.
Aufgrund den Klagen des Bischofs von Aleria, Raimondo II., wird die Bruder
1354 erneut, diesmal als - gegenüber der bischöflichen Autorität
respektlose - „Ketzer“ von Papst Innozenz VI. exkommuniziert. Sein
Nachfolger, der Benediktiner Urban V. hält die Exkommunikation aufrecht
und sendet einen Legaten nach Korsika. Mit Unterstützung der lokalen
Fürsten unternimmt dieser einen „heiligen Kreuzzug“ in die Region von
Carbini, bei dem ab 1363 im Namen der Kirche die Mehrzahl der Ghjuvannali,
darunter Frauen und Kinder massakriert wird. Anstatt ihren Glauben zu entsagen,
wollte einige mit der Waffe in der Hand sterben. Sie wurden in der Nähe
von Ghisoni in einem Wäldchen eingekesselt, das man anschließend
abbrennen ließ. Die Gruppe Canta u populu Corsu
hat dieser dunklen Zeit ihre Lied
I Ghjuvannali
(Zum Anhören des korsischen
Gesangs den Liedtitel anklicken!) gewidmet.
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Unterhalb von manchen Arkaden
an den Seitenmauern befinden sich Köpfe von Tieren oder Fantasiewesen
(Foto links). Nachdem man den im Schloss steckenden Schlüssel der kleinen
Tür an der Südwand von San Giovanni Battista (Foto rechts) herumgedreht
hat, gelangt man in das Innere der Kirche. Der Campanile wurde nach
einer Empfehlung von Prosper Merimée im 19. Jahrhundert renoviert.
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Auf einem 800 - 900 hohen
Granitplateau liegt der Ort Livia (französisch:
Levie) mit seinem im Rathaus untergebrachten Musée de
l 'Alta Rocca (Foto links) In didaktisch vorbildlicher
Weise wird der Museumsbesucher in die Siedlungsgeschichte der Region von
präneolithischer Zeit bis ins Mittelalter eingeführt. Eine Karte
zeigt die Verbreitung der Tierzucht von Osten nach Westen ab dem 7.
Jahrtausend vor Christus (Foto rechts).
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Vorgeformte Bruchstücke
aus glänzendem Obsidianglas, das vom Monte Acri auf Sardinien
stammt und die 11,5 cm große Venus de Denesse
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Die Anhänger
in Form von Oliven (Foto links) und die Gürtelteile
(Foto rechts) stammen aus der Bronzezeit...
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...ebenso wie die aus Bronze
gefertigten Speer- und Pfeilspitzen. Die rekonstruierten Statuen "Crilia
und Macchavioni" die in Serra di Scompamena gefunden wurden (Foto rechts).
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Die während der Ausgrabungen
bei Araguina-Sennola (1966 – 1975) gefundene „Dame von Bonifacio“
wird ins Mesolithikum (um 6570 v. Chr.)
datiert und ist damit das älteste Skelett, das auf Korsika ausgegraben
wurde. Der pathologische Befund hat ergeben, dass die Frau unter Wachstumsstörungen
litt, die sich in der Lähmung des linken Ellenbogens und der linken
Hand sowie einer Missbildung der Ferse zeigten. Zu einer dieser Gehbehinderung
kam noch fortgeschrittener Zahnkaries, der eine Ostitis des Kiefers zur
Folge hatte, so dass die Dame schließlich an in Folge einer Sepsis
verstorben ist. (Foto links). Weitaus jünger ist dagegen
"La Dame de Capula" (Foto rechts).
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Die aus Elfenbein
geschnitzte Jesus-Skulptur ist ein Geschenk des
Papstes Sixtus V. (1585 - 1590), dessen Vorfahren aus Livia
stammen sollen. Möglicherweise wurde sie bereits im 15. Jahrhundert
angefertigt und stammt aus der Schule des florentinischen Bildhauers
Donatello . Eine besondere Beachtung verdienen die exakten
Proportionen, die hervorragende Anatomie und die Details, die den
Schmerz Jesu zeigen, wie beispielsweise die Mundwinkel und der gespreizte
große Zeh.
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Das erst bei Luftaufnahmen
im Jahre 1959 entdeckte torreanische Castellu di Cucuruzzu
liegt ebenfalls wie die Ortschaft auf dem 900 Meter hohen Granitplateau
Pianu di Levie. Cucuruzzu ist
war Festung und Siedlung verschiedener Volksstämme, die hier zwischen
der späten Bronzezeit und der Eisenzeit hier gelebt
haben. Auf einem von Findlingen gesäumten schmalen Weg gelangt man....
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...zunächst an sogenannte
Tafoni, deren Bezeichnung auf
den korsischen Begriff pietra tafunata (durchlöcherter
Stein) zurückzuführen ist. Die bei der Tafonierung, einer
chemischen Verwitterung von innen nach außen (Kernverwitterung)
entstandenen kugel- bis nierenförmige Hohlräume
mit einem Durchmesser von wenigen Zentimetern bis zu einem halben Meter
wurden von den Menschen für verschiedene Zwecke benutzt.
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Das um 1500 v. Chr.
auf einem Hügel in strategisch günstiger Lage errichtete Kastell
ist das am besten erhaltene der bisher zwölf in der Alta Rocca
entdeckten torreanischen Rundbauten. |
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Im Westen befindet sich
der einzige Zugang zwischen den
Hälften eines geborstenen riesigen Granitblocks, wo man über eine
Steintreppe in das Innere des zyklopischen Mauerwerks gelangen kann (Foto
links). Aus dem farbigen Grundriss sind die verschiedenen bronzezeitlichen
Ausbauphasen des Castellu ersichtlich (Foto rechts).
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Den Holzsteg versuchte
man möglichst genau zu rekonstruieren. Sein Original gehörte
zu einem Teil von Aufbauten, die eine viereckige Kammer bedeckten, von wo
aus sich der Eingang gut überwachen ließ; rechts die als Töpferei
bezeichnete Loge (Foto links). Die größte, als Metzgerei bezeichnete
Loge (Foto rechts). |
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Das höher gelegene
Kultmonument diente wahrscheinlich dem Totenkult. Die
etwa 10 Meter über dem einstigen Dorf gelegene runde Cella schließt
sich an einen Naturfelsen an. Sie hat einen Durchmesser von 3 bis 4 Metern
und ihr " falsches Gewölbe" (Bienenkorbkuppel)
ist die einzige intakte torreanische Kuppel (Foto links). Vom Eingang des
Kultmonuments bietet sich nach Osten eine beeindruckender Ausblick auf die
Furchi di Bavedda. |
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Gleich links hinter dem
Eingang des Kultmonuments beginnt ein Nebengang (Foto links). Im
Sektor der Kasematten wurden aufgeschichtete Steine in die
Befestigungsmauer eingefügt. Hinter den Eingängen zu
den als Vorratskammern bezeichneten Räumlichkeiten wurde das
Mauerwerk sehr sorgfältig ausgeführt (Foto rechts) .
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Das im Eintrittspreis für
Cucuruzzu inkludierte Castellu di Capula ist
eine torreanische Stätte die bis ins Mittelalter bewohnt war. Von Cucuruzzu
nach Capula sind es etwa 20 gemächliche Gehminuten. Vermutlich
wurde das Dorf durch einen Angriff Sincellos della Rocca um das Jahr 1259
zerstört.
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Vor dem schrägen Aufgang
in das Castellu die Capula, der von Mauern verdeckt wird (Foto rechts),
steht eine aus zwei Fragmente bestehende, verwitterte Menhirstatue
, die ein Langschwert als Bewaffnung zeigt (Foto links).
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Der Eingang zur Festung
wird von Felsblöcken gesäumt, von denen einige Tafoni vorweisen.
Die Anlage ist eine der wenigen Befestigungen des Mittelalters, die Reitern
den Zugang erlaubte.
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Im Zentrum des Castellu
die Capula werden immer noch Ausgrabungsarbeiten durchgeführt.
Die ursprüngliche Funktion des höher gelegenen, als Donjon bezeichneten
Teils der Anlage ist bis heute nicht bekannt. Offen bleibt die Frage, ob
es sich um einen Turm, eine Zisterne oder ein Grab handelte.
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Die zerstörte Kapelle
aus dem 13. Jahrhundert lag außerhalb der Befestigungsmauer des Castellu
di Capula (Foto links). Aus den Steinen der Ruine wurde 1917 die neue
Chapelle du Saint-Laurent erbaut (Foto rechts).
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An der Straße
der Mühlen liegt der Ort Ulmetu (französisch: Olmeto).
Der an einem hang zwischen Olivenbäumen gelegene Ort weckt die Erinnerung
an Prosper Mérimées Romanheldin Columba Carabelli und lädt
zu ausgedehnten wanderungen ein. Hier residierte einst Graf
Arrigio della Rocca (1351 - 1401) der im Jahre
1376 mit katalanischer Unterstützung die Genuesen -
mit Ausnahme aus Bonifacio und Calvi - von der Insel vertreiben konnte und
Korsika anschließend vier Jahre lang mit großer Weisheit regierte.
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Das Ulmetu mit den Häusern
der Lebenden (Foto links) und den Häusern der Toten (Foto rechts).
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